Der Verfolgungswille der Bundesrepublik Deutschland gegenüber der kurdischen Befreiungsbewegung reißt nicht ab. Am 10. September begann vor dem Oberlandesgericht (OLG) Stuttgart der Prozess gegen den kurdischen Aktivisten Welat Çetinkaya. Ihm wird die „Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung“ vorgeworfen. Laut Anklage soll der 51-jährige Kurde zwischen September 2020 und Mai 2021 den Bereich „Stuttgart“ für die PKK koordiniert haben. Çetinkaya wurde im November letzten Jahres aufgrund eines von Deutschland ausgestellten europäischen Haftbefehls in Italien festgenommen und im April an die Bundesrepublik überstellt. Seitdem befindet er sich in der JVA Stuttgart-Stammheim in Untersuchungshaft.
Trotz des Aufrufs für Frieden und eine demokratische Gesellschaft durch Abdullah Öcalan sowie der angekündigten Auflösung und Entwaffnung der PKK setzt die deutsche Justiz ihre Repressionen gegen die kurdische Befreiungsbewegung unvermindert fort. Allein in der ersten Septemberwoche haben neben dem Prozess in Stuttgart auch Verfahren in Hamburg gegen Nihat Asut und Agit U. sowie in Berlin gegen Mehmet Karaca begonnen.
Zahlreiche weitere kurdische Aktivist:innen sehen sich aktuell in Deutschland mit Ermittlungen, Gerichtsverfahren oder Inhaftierungen konfrontiert. Den Angeklagten werden dabei in der Regel keine individuellen Straftaten zur Last gelegt. Vielmehr wird ihnen ihr politisches Engagement für die Selbstbestimmung des kurdischen Volkes und die Verteidigung der Rojava-Revolution vorgeworfen, beispielsweise durch die Teilnahme an Demonstrationen, die Mobilisierung dafür oder das Organisieren von Veranstaltungen.
Diese Vorgehensweise ist kein Zufall, sondern Ausdruck der außenpolitischen Interessen des deutschen Staates: Die Türkei ist als NATO-Partner seit Langem ein zentraler Handelspartner, politischer Verbündeter und Abnehmer deutscher Rüstungsgüter. Der deutsche Imperialismus profitiert von einem starken Einfluss der Türkei im Nahen Osten. Eine Bewegung wie die PKK und die kurdische Befreiungsbewegung, die diesem Einfluss entgegentreten, geraten dadurch zwangsläufig in Konflikt mit den Interessen Deutschlands. Daher kann sich der türkische Staat bei der Repression gegen Kurd:innen regelmäßig auf die Unterstützung der Bundesrepublik verlassen.
Stellen wir uns dem gemeinsamen politischen Interesse der Türkei und Deutschlands entgegen! Für die Aufhebung des PKK-Verbots! Solidarität mit den politischen Gefangenen! Besucht die Prozesse – schreibt den Gefangenen!
Die Verhandlung am ersten Prozesstag gegen Welat Çetinkaya konnte erst mit über einer Stunde Verspätung beginnen, da er sich zunächst weigerte, vor Gericht zu erscheinen – ein Protest gegen die Willkür der Justizbehörden und verbunden mit der Forderung, der Zusammenlegung den ebenfalls in Stuttgart-Stammheim inhaftierten Mehmet Ali Yilmaz und Ramazan Yildirim, die ebenfalls der Mitgliedschaft in der PKK beschuldigt werden.
Weitere Termine sind voraussichtlich am 30. September, 7., 14., 16., 21., 22., 28. und 29. Oktober, 4., 6., 11., 12., 18., 19., 25. und 26. November sowie 2., 4., 9. und 11. Dezember 2025 jeweils vor dem OLG Stuttgart (Olgastraße 2, 70182 Stuttgart)