- 2015: Proteste gegen den NPD-Bundesparteitag in Weinheim
- 2016: Proteste gegen den AfD-Bundesparteitag in Stuttgart
- Solidaritätsarbeit zur Situation in Kurdistan
- Proteste gegen reaktionäre Aufmärsche
- Hausbesetzungen
Und immer wieder folgt im Nachgang die Repression gegen die Aktivist*innen. Momentan nehmen wir die Verfahren sowohl qualitativ, was die Höhe der Strafen und die weitere Verfolgung angeht, als auch quantitativ, was die schiere Anzahl an Prozessen angeht, wahr. Die Repressionsbehörden in Stuttgart verfolgen eine harte Linie gegen linke Aktivist*innen und zerren jede Kleinigkeit vor Gericht.
Hierbei sind sie sich für nichts zu schade: wegen des Vorwurfs der Vermummung wird ein Aktivist von zu Hause zum Verhör und zur ED-Behandlung abgeholt, ein anderer Aktivist wird wegen des Vorwurfs der Körperverletzung in einer filmreifen Szene kurz vor seiner Arbeitsstelle abgefangen und in einem anderen Fall schaltet sich der Polizeipräsident persönlich ein, um die Frist zur Anklage gegen einen Aktivisten nicht verstreichen zu lassen.
Immer handelt es sich um das gleiche Ziel: linke Alternativen zu Nationalismus, Krieg, Ausbeutung und Unterdrückung im Keim zu ersticken.
Momentan ist eine weitere Welle an Verfahren absehbar. Wegen der Proteste gegen den G20-Gipfel in Hamburg 2017, der revolutionären 1. Mai-Demo in Stuttgart 2019 und antifaschistischem Widerstand.
Was tun?
Anstatt uns von Drohszenarien, die unser Gegner aufbaut, verunsichern zu lassen, sollten wir uns auf das besinnen, was uns in unseren Kämpfen eint: Solidarität!
Hierüber gibt es viele Phrasen und diese haben alle ihre Richtigkeit. Es geht darum, diese ernstfhaft im politischen Alltag zu leben. Auf einem Rote Hilfe-Plakat zum Beispiel heißt es: “Wir sind dann an eurer Seite!”
Wenn ihr Post von den Cops, der Staatsanwaltschaft oder dem Gericht bekommt, meldet euch bei der Roten Hilfe. Bei Unklarheiten oder offenen Fragen, Ängsten oder einfach nur um uns Bescheid zu geben, schaut vorbei. Beschäftigt euch auch in euren politischen Zusammenhängen mit Repression und diskutiert, wie ihr darauf antworten könnt und wollt. Die Vorbereitung auf das was kommt ist das beste Rezept, um die Pläne der Repressionsbehörden zu unterlaufen.
Um mit einer weiteren Phrase zu enden:
Getroffen hat es Einige – gemeint sind wir Alle…
…und das stimmt auch so!
Rote Hilfe OG Stuttgart, September 2019
Fight G20 – für eine solidarische Gesellschaft
Während des G20-Gipfels in Hamburg 2017 gingen tausende Menschen auf die Straße. Ihr legitimer Protest wurde vielfach kriminalisiert, verboten und angegriffen. In der Straße Rondenbarg zum Beispiel wurde ein Demonstrationszug von den Cops angegriffen und zerschlagen. Die Folge waren dutzende Verletzte im Krankenhaus und über 70 Menschen, die festgenommen und in die Gefangenen-Sammelstelle verschleppt wurden. Einige von ihnen kommen aus Stuttgart.
In den letzten Wochen kamen Gerüchte auf, die Prozesse rund um den Rondenbarg würden in Kürze starten. Es gab einige Zeitungsartikel und eine große Drohkulisse wurde aufgebaut. Fakt ist, dass die Hamburger Staatsanwaltschaft plant, die Angeklagten in Großgruppenverfahren anzuklagen. Anfangen wollen sie mit 16 Heranwachsenden, d.h. diese waren während des Gipfels noch unter 21 Jahre alt und fallen damit noch unter das Jugendstrafrecht.
Ob die Verfahren tatsächlich in dieser Form stattfinden werden ist unklar. Auch wie genau und wann bleibt Spekulation. Es gibt keine konkreten Anhaltspunkte über die Länge der Verfahren, die tatsächliche Anzahl der Angeklagten pro Verfahren oder einen möglichen Starttermin.
Die aufgebaute Drohkulisse bei gleichzeitigt dürftiger Faktenlage lässt viel Raum für Verunsicherung und Spekulation. Das ist von der Polizei und der Staatsanwaltschaft so gewollt und wir dürfen ihnen nicht in Hände spielen.
1. Mai 2019: Kampf der Klassenjustiz
Während der revolutionären 1. Mai-Demo in Stuttgart kam es zu einer Auseinandersetzung mit den Cops. Im Nachgang dazu haben 3 Genoss*innen Vorladungen wegen tätlichen Angriffs auf Vollstreckungsbeamte und weiteren Vorwürfen bekommen.
Der §114 StGB (tätlicher Angriff auf Vollstreckungsbeamte) wurde erst kurz vor dem G20-Gipfel in Hamburg neu eingeführt. Aufgrund seiner unklaren Formulierung ermöglicht er eine einfache Verfolgung von Aktivist*innen. Bereits ein “aggressives Zugehen” auf Polizeibeamte erfüllt den Straftatbestand und wird mit einer Mindeststrafe von drei Monaten Knast belegt. Das bedeutet, dass sehr einfach jegliche Form von Aktionismus auf der Straße bereits mit einer Knaststrafe bedroht wird und damit kriminalisiert und eingeschränkt werden soll.
Antifaschistischer Widerstand bleibt legitim!
In Zeiten eines voranschreitenden Rechtsrucks wird mit allem Nachdruck die Notwendigkeit eines breiten antifaschistischen Widerstands gegen Rechte und Faschisten deutlich. Und gerade in der Kriminalisierung des antifaschistischen Widerstands zeigt dieser Staat immer wieder die hässliche Fratze seiner Justiz. Dieser Staat, der immer wieder Rechte und Faschisten untersützt und deckt (siehe z.B. NSU) und der kein Interesse an konsequenter antifaschistischer Arbeit hat.
So verurteilte ein Pforzheimer Richter Anfang 2017 drei Antifas zu Knaststrafen. Ihnen wird vorgeworfen, mehrere Faschisten in einem Zug bei der Fahrt zu einer faschistischen Demo in Karlsruhe angegriffen zu haben. Die Faschisten beschuldigten im Anschluss wahllos ihnen bekannte Antifas. Trotz mehr als dürftiger Beweislage, die einzig auf den Aussagen der Faschisten beruhte, wurden die drei Antifas verurteilt. Hierbei verglich der Richter antifaschistisches Engagement mit den menschenverachtenden Verbrechen deutscher Faschisten 1933.
Anfang nächsten Jahres steht der Berufungsprozess an. Drei Jahre nach der ursprünglichen Veruteilung!
Ebenfalls breiten antifaschistischen Mobilisierungen ist es zu verdanken, dass Anfang 2018 rechte Demos in Kandel (Rheinland-Pfalz) deutlich an Zulauf verloren. Zuvor hatten diese versucht, den Mord an einer jungen Frau für sich zu instrumentalisieren und Migrant*innen und Linke angegriffen.
Nachdem erste landesweite Mobilisierungen dem Einhalt gebieten konnten, ließ die staatliche Reaktion nicht lange auf sich warten. Die Gegenproteste wurden von den Cops angegriffen, Antifas festgenommen und ein ganzer Zug vorzeitig gestoppt, um die Anfahrt von antifaschistischen Aktivist*innen faktisch zu verhindern. Im Nachgang flatterten bei unzähligen Aktivist*innen Strafbefehle und Anzeigen ein. Einige Verfahren fanden bereits statt und weitere stehen an. Die Solidaritätsarbeit wurde gebündelt, es gibt eine gemeinsame Website: https://antifasolikandel.home.blog/
In einem weiteren Verfahren werden zwei Antifas in Rottenburg angeklagt. Für die Ermittlungen wurde eine eigene Ermittlungsgruppe eingerichtet, zwei Hausdurchsuchungen durchgeführt, nach einem Auto gefahndet und auch sonst keine Mühen gescheut, die Aktivisten zu überwachen und zu kriminalisieren.
Als letztes sei noch die Repression im Zuge einer Demo der Partei “Die Rechte” im Mai dieses Jahres genannt. Am Tag selbst wurden anreisende Antifaschist*innen kurzzeitig am Bahnhof gekesselt und mehrfach mit Pfefferspray und Schlagstöcken angegriffen. Das ganze gipfelte in einem Kessel mit über 20 Antifas im Bahnhof und mehreren Verletzten im Krankenhaus. Den Aktivist*innen aus dem Kessel wird nun einheitlich Landfriedensbruch und Widerstand, einzelnen noch weitere Punkte, vorgeworfen.
Gegen die Kriminalisierung migrantischer linker Organisationen
Auch von linken Strukturen weitgehend unbeachtet, laufen seit April 2019 gleichzeitig drei verschiedene Prozesse mit dem Vorwurf des §129 b, Mitgliedschaft in bzw. Unterstützung einer terroristischen Vereinigung im Ausland. Gemeint ist dabei die PKK, die Arbeiterpartei Kurdistans.
Damit bestätigen die Staatsschutz-Senate am Oberlandesgericht den berüchtigten Ruf Stuttgarts als eines der Zentren in der Verfolgung linker migrantischer Strukturen und der Abwicklung von §129-Verfahren. Dafür steht auch das neue, modernste Hochsicherheits-Prozessgebäude in Stammheim, in dem schon die Architektur die angebliche Gefährlichkeit der Angeklagten suggerieren soll: Glas-Trennwände zwischen Angeklaten und Verteidigung und zu den Prozessbeobachter*innen. Mit jedem der drei Prozesse gegen insgesamt sieben Angeklagte ist beabsichtigt, die Kriminalisierung kurdischer Aktiver noch einmal zu verschärfen und zu erleichtern; alle drei Prozesse werden durch ein und denselben Kronzeugen gefüttert, seine wohlfeilen Aussagen sollen die fehlende politische Legitimität der Verfahren ersetzen.
Doch auch nach 26 Jahren PKK-Verbot und Verfolgung der kurdischen Linken, wird auch die aktuelle Zusammenarbeit der BRD-Behörden mit dem reaktionären, menschenverachtenden Erdogan-Regime die Hoffnung und das Recht auf eine solidarische und freie Gesellschaftsstruktur nicht verhindern. Es ist aber Aufgabe der deutschen Linken, Öffentlichkeit und Solidarität zu organisieren.
Wir demonstrieren wie wir wollen!
Beim 1. Mai wie auch bei weiteren Demos in der jüngeren Vergangenheit hat sich eine neue Taktik der Polizei bemerkbar gemacht. Dabei hält sie sich während der Demo auf Abstand und filmt sie aus mehreren Perspektiven quasi die ganze Zeit. Hinterher wird dann (recht erfolgreich) versucht, die Aktivist*innen auf den Videos zu identifizieren und so zu kriminalisieren.
Diese Taktik reiht sich ein in einen generellen Trend zu mehr Überwachung und weiteren Präventivmaßnahmen: umfangreiche Personenkontrollen, dauerhaftes Filmen, Drohneneinsätze und der Ausbau der zugehörigen Software. Gleichzeitig wird in diesem Bereich auch der rechtliche Rahmen massiv erweitert. Nach der letzten Verschärfung des baden-württembergischen Poliezigesetzes 2017 ist für Ende diesen Jahres eine weitere Verschärfung geplant. Diese soll die Onlineüberwachung erweitern, die Möglichkeiten der Präventivhaft ohne Verurteilung ausweiten und vieles mehr.
Gegen diese Angriffe formiert sich Widerstand. Nach der Demo am 13.7.2019 ist am Samstag, den 12. Oktober ein landesweiter Aktionstag geplant unter dem Motto “#NoPolGBW – Freiheitsrechte verteidigen”.
In Stuttgart wird es eine Demonstration durch Bad Cannstatt geben. Start: 15:30 Uhr Marktplatz.