Am 18. März und darüber hinaus: Freiheit für alle politischen Gefangenen
Der 18. März als Tag der politischen Gefangenen ist ein Teil der Geschichte des Kampfes für eine klassenlose Gesellschaft. Dieser Kampf hält bis heute an. Wir kämpfen auch heute noch für eine Welt ohne Krieg, Ausbeutung und Unterdrückung. Denn die kapitalistischen Verhältnisse produzieren Armut, Krieg, Ausbeutung, Unterdrückung und Entfremdung – und das am laufenden Band. Die Methoden haben sich verändert, die Herrschenden haben sich geändert und doch ist die Systematik die selbe geblieben:
Die Ausbeutung des Großteils der Bevölkerung, die den Reichtum einer Minderheit produzieren. Wer sich gegen dieses System der organisierten Unterdrückung und Ausbeutung auflehnt und für eine gerechte, solidarische Gesellschaft kämpft, bekommt früher oder später die Repression des Staates zu spüren.
Und in den letzten Jahren sind wir mit einer stetigen Verschärfung der repressiven Maßnahmen konfrontiert:
- Die Einführung des §114, des sog. „Bullenschubsgesetz“, der bereits eine Berührung von Polizist*innen mit mindestens drei Monaten Haft bestraft,
- der durchgängige Ausbau eines Überwachungsapparates einhergehend mit der militärischen Aufrüstung der Polizei,
- und die Einschränkung des Versammlungsrechts zusammen mit der Verschärfung der Polizeigesetze in einigen Bundesländern
sind nur einige dieser Maßnahmen.
Diese Verschärfung zeigt sich auch konkret in der Kriminalisierung von verschiedenen Protesten. Am deutlichsten wird dies an der Repression gegen den G20-Protest: Camps wurden verboten, Journalisten kurzfristig die Akkreditierung entzogen, Demonstrationen zerschlagen, Aktivist*innen teilweise schwer verletzt, einige eingesperrt und zu Haftstrafen verurteilt, Hausdurchsuchungen durchgeführt und eine Öffentlichkeitsfahndung lanciert. Darüber hinaus sollen mit den „Rondenbarg“ und „Elbchaussee“ Verfahren Exempel dafür geschaffen werden, dass die alleinige Teilnahme an einer Demonstration, aus der Steine und Flaschen geworfen werden, als strafbar verfolgt werden kann.*
Gleichzeitig werden türkische und kurdische Strukturen mit Hilfe der sog. Antiterrorparagraphen §§129 verfolgt und vor Gericht gestellt. Seit 2016 findet vor dem OLG München der bislang größte §129b Prozess statt, der sich gegen 10 ATIK-Mitglieder richtet, denen die Mitgliedschaft in der TKP/ML (Türkische Kommunistische Partei/Marxisten-Leninisten) vorgeworfen wird. Der Prozess neigt sich langsam dem Ende zu und mit einer Verurteilung wird eine weitere Tür zur verschärften Verfolgung von migrantischen Strukturen geöffnet werden, die weitere Kreise ziehen wird.
Geschichte des 18. März
Der 18. März ist der Jahrestag der Pariser Kommune, der erste proletarische Versuch einer sozialistischen Umwälzung. Die Pariser Kommune wurde während des Deutsch-Französischen Krieges (1870-1871) spontan gebildet, vertrieb die konservative Zentralregierung aus der Hauptstadt Frankreichs und errichtete mit rätedemokratischen und sozialistischem Vorbild einen „Stadtrat“.
Fortan – für 72 Tage – regierte die Pariser Kommune bis zum 28. Mai 1871, als die Regierungstruppen die Macht über Paris wieder übernahmen. Die Reaktion übte nach ihrem Sieg an den Kommunard*innen blutige Rache. Mehr als 20.000 Männer und Frauen wurden getötet und mehr als 40.000 zu meist lebenslangen Haftstrafen verurteilt. So wurde der 18. März von der Internationalen Roten Hilfe 1923 zum Tag der politischen Gefangenen ausgerufen, als Erinnerung an die Kommune, als Geschichte des Aufbruchs, aber auch als Erinnerung an die Repression. Mit diesem Datum wurde auch der Zusammenhang zwischen Revolution und Konterrevolution, also der Kampf gegen die bestehenden Verhältnisse und der daraus folgenden Repression deutlich gemacht.
Im Faschismus wurde der 18. März verboten und konnte auch auf Grund der Repression nicht mehr begangen werden. Nach dem Faschismus wurde der 18. März erst wieder 1996, auf Initiative von Libertad, zum Aktionstag für die Freiheit der politischen Gefangenen begangen. Seither wird dieser Tag jedes Jahr mit Veranstaltungen, Demos oder anderen Aktivitäten begangen.
In Stuttgart wird seit einigen Jahren am 18. März vor den Knast in Stammheim gegangen, um den Gefangenen deutlich zu machen, dass wir sie nicht vergessen haben und dass sie weiterhin Teil der Kämpfe sind.
Widerstand – Repression – Solidarität
Repression zielt dabei darauf ab, Kämpfe zu unterdrücken und letztlich zu zerschlagen, um die herrschende Ordnung mit aller Gewalt aufrechtzuerhalten und die Entstehung von neuen Kämpfen zu verhindern – einerseits akut, andererseits präventiv, nicht zuletzt durch Einschüchterung und Abschreckung.
D.h. dass Repression uns alle was angeht: Denn wenn der Kampf um Befreiung, der Kampf für eine Welt ohne Ausbeutung und Unterdrückung angegriffen wird, dann werden wir alle angegriffen – auch wenn es nur einzelne trifft.
Umso notwendiger ist es am 18. März, aber auch Tag für Tag, dieser Repression unsere Solidarität entgegenzusetzen. Denn während die Herrschenden sich in der Verfolgung von politischen Aktivist*innen ziemlich einig sind, so muss es für uns darum gehen, in der Frage der Solidarität ideologische und politische Unterschiede zu überwinden, um den Angriffen unsere geschlossene Solidarität entgegenstellen zu können und gemeinsam den Kampf für eine befreite Gesellschaft weiterzuentwickeln.
Zeigen wir uns also solidarisch mit denjenigen, die mit Repression konfrontiert sind, und mit den Gefangenen, die für die Perspektive einer Gesellschaft ohne Ausbeutung und Unterdrückung kämpfen und weltweit in Knästen weggesperrt sind.
Freiheit für alle politischen Gefangenen!
Montag, 18. März, 18 Uhr
Kundgebung vor der JVA Stammheim
U15 Stammheim
Am 18. März findet auch eine gemeinsame Anfahrt zum TKP/ML Verfahren in München statt. Geplant ist auch eine solidarische Demonstration. Treffpunkt ist um 7 Uhr am Tohum Kulturverein (Nordbahnhofstr. 61).
* Am 04. April steht der erste Prozess gegen eine Genossin aus Stuttgart an. Ihr wird im Zusammenhang mit der Welcome2Hell Demo mit einer ähnlichen Argumentation u.a. Landfriedensbruch vorgeworfen.
Achtet auf Ankündigungen!
Hungerstreik kurdischer Aktivist*innen
Anfang November wurde von Leyla Güven ein unbefristeter Hungerstreik zur Beendigung der Isolationsbedingungen für Abdullah Öcalan begonnen. In der Zwischenzeit haben sich weltweit hunderte Aktivist*innen diesem Hungerstreik angeschlossen, sowohl innerhalb, als auch außerhalb der Gefängnismauern. Gefangene der MLKP und der TKP/ML, die in der Türkei inhaftiert sind, schließen sich dem Hungerstreik an und treten ab dem 1. März in einen befristeten Solidaritätshungerstreik. Ebenfalls zum 1. März schließen sich tausende PKK und PAJK Gefangene dem unbefristeten Hungerstreik an, um die Isolation zu durchbrechen.
In Stuttgart finden dazu Solidaritätsaktivitäten statt. Achtet auf Ankündigungen.
Gefangene in Stammheim
Aktuell sind in Stuttgart-Stammheim einige kurdische Gefangene inhaftiert, die wegen der Mitgliedschaft in der PKK (Arbeiterpartei Kurdistan) vermutlich noch in diesem Jahr angeklagt werden.
Unterstützer*innen:
- ATIF – Föderation der Arbeiter aus der Türkei in Deutschland
- Anarchistische Vernetzung Stuttgart
- Solikreis >>G20 Repression<< Stuttgart
- Initiative Kurdistan – Solidarität Stuttgart
- Libertäres Bündnis Ludwigsburg
- MLPD Stuttgart/Sindelfingen
- Plattform des Lebens gegen Isolationhaft
- Revolutionäre Aktion Stuttgart
- Rote Hilfe Ortsgruppe Stuttgart
- Stimme der Gefangenen (TSP)
- Yasanacak Dünya – Eine lebenswerte Welt
- YDG – Neue Demokratische Jugend
- Yeni Kadin – Neue Frau
- Zusammen Kämpfen