Das OLG Stuttgart – spezialisiert auf die Verfolgung kurdischer Aktivitäten.
Erst im Oktober 2016 wurde Ali Ö. als angeblicher Gebietsleiter der PKK zu einer mehrjährigen Haftstrafe verurteilt. Einen Monat später, heute, am 22. November 16 begann bereits der nächste politische Prozess vor dem OLG Stuttgart, diesmal gegen Muhlis K.
Das juristische Muster ist identisch: Anklage nach § 129 b, „Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung im Ausland“, gemeint damit ist hier die Arbeiterpartei Kurdistans, die PKK.
Der gleiche Vorsitzende Richter, der gleiche Senat in z.T. identischer Besetzung, und auch diesmal ist die Verurteilung wegen angeblicher Gebietsleitertätigkeit schon sicher. Die Gewichtigkeit der Anklage wird in Form von 2 Vertretern der BAW (Bundesanwaltschaft) höchstselbst demonstriert, die lapidar und als gerichtsbekannt feststellen, dass die PKK für Mord und Totschlag steht und der Angeklagte in Kenntnis der Ziele und der Programmatik der PKK gehandelt habe. So als „terroristische Vereinigung“ definiert, werden alle Aktivitäten, die der normalen Vereinstätigkeit entsprechen, Veranstaltungen und Demos organisieren, Geld sammeln etc. zur mitgliedschaftlichen Betätigung.
Von der BAW bestätigt wurde das Vorliegen der Verfolgungsermächtigung des Justizministeriums vom 6. September 2011.
Solidarität mit Muhlis K. zum Prozessauftakt
Aber nach 23 Jahren PKK-Verbot in Deutschland mit unzähligen Prozessen, Hausdurchsuchungen, Haftstrafen, gibt es nur eine Devise: Es reicht! Zum Prozessauftakt gegen Muhlis K. waren ca. 50 Leute da, die das Verfahren solidarisch begleiteten, klatschten, als Muhlis K. kam und sich von den typischen §129-Einlass-Schikanen (Ausweis-Kopien, Körperkontrollen) nicht abhalten ließen. Auch Muhlis K. wird wie Ali.Ö. mit Handschellen gefesselt in den Prozesssaal gebracht, und bei jeder 10 minütigen Verhandlungspause gefesselt abgeführt. Das sind die Folgemaßnahmen des §129, die auch die Öffentlichkeit direkt mitbekommt. Muhlis K. ist seit seiner Verhaftung im Februar 2016 in Düsseldorf unter § 129- Bedingungen in Haft in Stuttgart-Stammheim.
Weg mit dem Verbot der PKK! §§ 129 abschaffen!
Muhlis K. machte keine Äußerungen zur Sache oder zur Person. Seine Verteidigung, Rechtsanwalt Heydenreich und Rechtsanwältin Busl stellten den Prozess mit ihren angekündigten zwei Anträgen grundsätzlich in Frage:
– Antrag 1: Der §129 b entspricht nicht der deutschen Verfassung
– Antrag 2: Die Verfolgungsermächtigung von 2011 ist aus Sicht der Verteidigung nicht mehr gegeben, sie sei willkürlich und historisch überholt, da der türkische Staat seit einigen Jahren diktatorisch vorgehe, gegen Menschenrechte verstoße und kein geeignetes Schutzobjekt mehr darstelle.
Rechtsanwalt Heydenreich begann mit der Verlesung des 1. Antrags und forderte, das Verfahren auszusetzen und die Rechtslage vor dem Bundesverfassungsgericht zu klären, da der §129b verfassungswidrig sei.
Der §129b sei nach dem 11.9.2001 als Teil einer Art „Symbolgesetzgebung“ eingeführt worden und die Definition was als terroristisch gelte und was als Befreiungskampf werde anhand politischer Interessen entschieden.
Zu Beginn der Mittagspause fand eine kurze Kundgebung vor dem OLG statt mit Beiträgen, Transparenten und Parolen.
Am Donnerstag, 24.11.16 wird der Prozess mit den Anträgen der Verteidigung fortgeführt.
Kommt weiter zu den Prozessterminen, zeigt Euch solidarisch!
Freiheit für alle politischen Gefangenen!
Der Prozess ist immer Dienstag und Donnerstag bis in den März 2017 terminiert