Antifaschistin zu 90 Tagessätzen à 10 Euro verurteilt

Am 19. Februar 2014, wurde eine Antifaschistin vor dem Stuttgarter Amtsgericht wegen gemeinschaftlichem Widerstandes, versuchter einfacher Körperverletzung und Beleidigung zu 90 Tagessätzen à 10 Euro verurteilt. Wir hatten im Voraus zur solidarischen Prozessbegleitung aufgerufen.

Was war passiert?
Am 25.5.2013 mobilisierten Neonazis aus mehreren Bundesländern nach Karlsruhe, um dort eine Demonstration unter dem Motto „Freiheit für alle Nationalisten – Freiheit für unsere Kameraden“ durchzuführen. Hiergegen formierte sich ein breiter antifaschistischer Widerstand aus verschiedenen Spektren. Aufgrund diesem konnten die Neonazis ihre geplante Demonstration nicht durchführen, sondern hielten lediglich, geschützt von einem massiven Polizeiaufgebot, eine Kundgebung vor dem Karlsruher Hauptbahnhof ab.

Der Vorwurf

Der Angeklagten wurde nun vorgeworfen, im Rahmen dieser antifaschistischen Proteste an einer Absperrung mit einer Fahnenstange auf behelmte und mit Körperpanzerungen ausgestattete Polizisten eingeschlagen zu haben. Die Staatsanwaltschaft konstruierte hieraus den Tatvorwurf der versuchten schweren Körperverletzung und des gemeinschaftlichen Widerstandes. Der Vorwurf der Beleidigung resultierte aus einem anderen Vorfall im Rahmen dessen die Angeklagte unter anderem einen aggressiv auftretenden Polizisten gefragt haben soll, ob dieser „gekokst habe“.

 

Der Prozess

Im heutigen Prozess wurden als Zeugen 3 Polizisten einer Karlsruher Einsatzhundertschaft vernommen. Diese räumten jedoch ein, die Angeklagte bei der angeblichen Tat nicht erkannt zu haben, sondern sie lediglich bei der späteren Videoauswertung identifiziert zu haben. Unterstützung bei der Auswertung erhielten sie von einem ebenfalls geladenen Mitarbeiter des Staatsschutzes. Dies war scheinbar nicht die einzige Form der innerpolizeilichen Kooperation, so stellte der Anwalt der Angeklagten zudem fest, dass die angeblich unabhängig voneinander erstellten Gedächtnisprotokolle zweier Zeugen in puncto Wortwahl und Zeichensetzung identisch waren.

Nach Befragung der Zeugen und Inaugenscheinnahme eines Videos, welches den angeblichen Tathergang dokumentieren sollte, räumte auch der Richter ein: „Er könne keinen Schlag auf einen Polizeibeamten erkennen. Die Angeklagte habe lediglich mit einem Fahnenstab gegen ein Transparent gehauen.“

 

Das Urteil

Trotz der mehr als dürftigen Beweislage forderte die Staatsanwaltschaft in ihrem Plädoyer eine Haftstrafe von 8 Monaten und 2 Wochen, sowie das Auferlegen von Sozialstunden und die Verurteilung nach Erwachsenenstrafrecht für die zur entsprechenden Zeit 20 Jahre und 8 Monate alte Angeklagte. Den Antrag des Verteidigers auf einen Freispruch kam der Richter nicht nach, auch wenn er betonte: „Er fände es gut, wenn Menschen sich politisch engagieren und dass zudem noch wie bei der Angeklagten eher auf der richtigen Seite.“ Dennoch kam es auch heute wieder zu einer Verurteilung einer Aktivistin, aufgrund einer auf Sand gebauten Anklage.

Wegen versuchter Körperverletzung, gemeinschaftlichem Widerstand und Beleidigung zu 90 Tagessätzen à 10 Euro.

An der heutigen Prozessbeobachtung und einer Kundgebung vor dem Amtsgericht beteiligten sich trotz des frühen Prozessbeginns um 9.00 Uhr ca. 35 solidarische Menschen die zeigten:

Antifaschismus ist und bleibt legitim!

Dieser Beitrag wurde unter News veröffentlicht. Setze ein Lesezeichen auf den Permalink.